Vielen gilt die Karibik als Traum-Destination. Azurblaues Wasser, herrliche Strände und diverse charakterstarke Kulturen sowie ein Stück Geschichte locken alljährlich zahlreiche Besucher. Schon vor Jahrhunderten übte die Karibik, als Wiege einer weitreichenden Erschließung der Welt (mit all ihren Schattenseiten), eine Faszination auf Forscher, Weltenbummler und Desperados aller Art aus. Ein Mythos, der sich bis heute bewahrt hat. Und wo mancher karibischer Inselstaat hat nun seine eingefleischten Fans gefunden. Seien es Zigarren-Liebhaber und überzeugte Kommunisten, die nach Kuba pilgern, pazifistische Naturfreunde, die das demilitarisierte Costa Rica für seine Regenwälder schätzen oder aber Freunde des berauschenden Rauchs, die es nach Jamaika zieht.
Kaum ein anderes Land wird derart mit Marihuana in Verbindung gebracht, wie Jamaika. Die Niederlande der Karibik, wenn man so will. Reggae, Rasta, peace und happiness – Jamaika vereint viele der Stereotypen auf sich, die man mit dem kiffenden Habitus in Verbindung bringt. Doch wie gerechtfertigt ist diese Wahrnehmung eigentlich? Wo kommt sie her und wie sieht die gesetzliche Situation auf Jamaika diesbezüglich tatsächlich aus?
Der Rastafari – Ein frommer Freiheitskämpfer
Denken die Menschen an Jamaika, dann denken sie auch schnell an farbenfrohe Kleidung, Dreadlocks und an alternative Anschauungen. Vieles davon natürlich inspiriert von dem Rastafari, der schon allein modisch in unseren Gefilden auffallen würde, wie ein bunter Papagei. Bei den Rastafari handelt es sich jedoch keineswegs einfach nur um jamaikanische, afroamerikanische Hippies. Denn Rastafari hängen tatsächlich einer konkreten, ihnen eigenen Glaubensrichtung an. Diese ist freilich auch eine soziale Bewegung, die sich stolz auf die eigenen afrikanischen Wurzeln besinnt und für die Freiheitsrechte der Afrikaner sowie Afroamerikaner eintritt. Das dürfte niemanden überraschen.
Allerdings sind Rastafari nicht einfach nur progressive Zeitgenossen, die gerne mal einen durchziehen. Bei ihnen steht Marihuana als rituell konsumierte Pflanze hoch im Kurs. Und zwar als Mittel zum Zweck, um Meditation zu betreiben, nachzusinnen oder auch um angeregte Debatten zu führen. Jedoch vereinen insbesondere orthodoxe Rastafari auch Anschauungen und Ansichten in sich, die manch einen überraschen dürften. So ist ihr Glaube alttestamentarischen Ursprungs und teilweise alles Andere als progressiv. Viele Rastafari haben bspw. ein sehr altertümliches Familienbild, in dem sich die Frau konsequent unterzuordnen hat und lehnen Homosexualität ab. Nicht unbedingt Anschauungen, auf die Außenstehende kommen würden, wenn sie an den netten Rasta-Mann denken. Man sieht: Vorstellung und Realität liegen (wie so oft) weit auseinander. Ebenfalls überraschen dürfte viele Uneingeweihte, dass es gar nicht so viele Rastafari auf Jamaika gibt, wie man meinen mag. Nur und 24.000 der über 2,9 Millionen Jamaikaner bezeichnen sich selbst als Rastafari.
Marihuana – gesetzliche Situation auf Jamaika
Letzthin konnte in immer mehr Ländern – ja sogar in Teilen der diesbezüglich sonst so unnachgiebigen USA – eine Liberalisierung im Umgang mit Marihuana festgestellt werden. Dadurch werden auch immer mehr auf Hanf basierende, sehr reine CBD-Produkte immer populärer. Da müsste Jamaika uns doch voraus gewesen sein, oder?
Doch auch hier ist das Klischee wieder einmal weit ausgeprägter als die Realität. Denn erst seit 2015 wird der Besitz von bis zu zwei Unzen (56g) Marihuana nicht mehr strafrechtlich verfolgt. Das heißt, auch dort war es lange Zeit eine illegale Droge! Und auch heute noch gelten diverse Regeln, um die entsprechend interessierte Rucksack-Touristen besser wissen sollten. So ist der Konsum in der Öffentlichkeit nach wie vor verboten. Erwachsene dürfen Marihuana nur für den Eigenbedarf (limitiert auf die besagte Menge) besitzen und es ausschließlich in ihren privaten Räumlichkeiten konsumieren. Jedoch ist auch dieser Besitz grundsätzlich genehmigungspflichtig. Eine Genehmigung wird erteilt wenn:
- man Rastafari ist und das Marihuana rituell nutzen will,
- man Forscher oder Wissenschaftler ist,
- man eine medizinische Indikation vorweisen kann und es therapeutisch nutzt
Also zu sagen: „Ich bin Urlauber und will einen durchziehen.“, wird zumindest offiziell nicht reichen. Da sollte man mindestens schon mal anfangen, sich die Dreadlocks wachsen zu lassen.